Mit über 1.000 Einwohnern ist Groß Fullen der „große Bruder“ des namensverwandten Nachbarortes Klein Fullen. Obwohl beide Dörfer schon seit dem Mittelalter selbständige Gemeinden waren, bestanden auf Grund der räumlichen Nähe im kirchlichen und schulischen, aber auch im Vereinsleben stets enge Verbindungen. Seit der Gemeindereform 1974 bilden sie eine Ortschaft der Stadt Meppen.
Funde von alten Krügen und Gefäßen lassen vermuten, dass das Gebiet um Fullen bereits in der Steinzeit besiedelt war. Der Name Fullen - früher „follun“ oder „völle“ - bedeutet Umzäunung, Einfriedung. Bereits im 11. Jahrhundert wird der Name zweimal genannt. Dies deutet darauf hin, dass es zwei getrennte Siedlungen mit dem Namen Fullen gegeben haben muss. Diese wurden später „Groten Vullen“ und „Luteken Vullen“ genannt. Es handelte sich vor mehr als 1000 Jahren vermutlich um zwei Haupthöfe, die über die Missionszelle in Meppen dem Kloster Corvey abgabepflichtig waren. Aus ihnen entstanden Bauernschaften, später dann politisch selbstständige Dörfer. Diese schlossen sich 1970 mit Versen und Rühle zur Gemeinde Emslage zusammen. Im Zuge der Gemeindereform 1974 wurden sie schließlich in die Stadt Meppen eingegliedert.
Groß Fullen lag einst direkt an der Ems. Der Fluss teilte sich früher am Bramberg, westlich von Meppen, in zwei Arme. Der westliche Arm floss zwischen Esterfeld und den beiden Fullen hindurch. Wenn die Ems – zumeist im Winter – Hochwasser führt, füllt sich auch heute noch das alte Flusstal mit Wasser. Westlich der Emsniederung verlief bereits seit der römischen Zeit ein bekannter Uferweg von Münster zur Nordsee. An diesem lagen wie an einer Perlenkette aufgereiht die Emsdörfer Dalum, Groß Hesepe, Klein Hesepe, Rühle, Klein Fullen, Groß Fullen, Versen, Wesuwe und Haren.
Kirche in Groß Fullen© Stadt Meppen
Kirche und Schule waren für die Verselbstständigung des Dorfes Groß Fullen von Bedeutung. Eine dem Heiligen Georg geweihte Kapelle ist bereits 1514 erwähnt. Die erste Schule stand später auf ihrem Vorplatz. So konnte man bei geöffneter Kapellentür vom Schulraum aus den Priester am Altar sehen. Für das Jahr 1543 wird von dem Bau einer kleinen Kirche berichtet. 1803 entwickelte sich aus der Kapelle ein Primissariat. Die „prima missa“, die erste Messe an jedem Sonntag, wurde gelesen. Das Gotteshaus wurde im Jahr 1820 durch eine neue Holzkirche ersetzt. Ein Blitzschlag zerstörte 1853 das Gebäude fast völlig. Nur sieben Monate später hatten die Bürger schon eine neue Gebetsstätte aufgebaut. Die Pläne entwarf Johann Niehaus, der Hofarchitekt des Herzogs von Arenberg. 1912 erhielt die Kirche einen Chorraumanbau. Im Jahr 1907 wurde die Kirchengemeinde von der Propstei St. Vitus in Meppen abgepfarrt. Seitdem ist der Heilige Vincenz der Patron der Kirche und der Pfarrei. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Gemeindemitglieder so stark, dass die Kirche die Gläubigen nicht mehr fassen konnte. Die Pfarrei entschied sich daher in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, das Gotteshaus auf dem heutigen Dorfanger abzubrechen und durch einen Neubau zu ersetzen. Zur Kirchengemeinde gehört neben Klein und Groß Fullen seit 1974 auch das Dorf Versen.
Kein genaues Datum ist für den Beginn des schulischen Lebens in Groß Fullen bekannt. Die ersten Schulgebäude wurden schnell zu klein und mussten regelmäßig erneuert werden. Erst die im Jahr 1877 erbaute Schule mit einer zugehörigen Lehrerdienstwohnung konnte den Ansprüchen über einen längeren Zeitraum genügen. 1958 entstand das heutige Schulgebäude. Die Schule in Groß Fullen war einst eine einklassige Nebenschule. Die Kinder kamen nur im Winter dorthin. Sie entwickelte sich zu einer zeitweise fünfklassigen Volksschule, deren Geschichte nach der Schulreform durch die Grundschule Fullen weitergeführt wird.
Bis in das frühe 19. Jahrhundert hinein ist der Siedlungs- und Wirtschaftsraum von Groß Fullen auf den schmalen Bereich des Dünenzuges am Rand des Emstales und die östlich anschließenden Flug-sandinseln im Emstal beschränkt. Diese Bereiche waren auf Grund ihrer natürlichen Entwässerung bewirtschaftbar. Der alte Siedlungskern lag auf den Dünenfeldern am Hang des Emstales. Von der ursprünglichen Haufendorfstruktur Groß Fullens sind nur noch Reste vorhanden. Das Leben in Groß Fullen war lange Zeit ausschließlich landwirtschaftlich orientiert. Noch 1961 gab es in Groß Fullen 69 Voll- und Nebenerwerbsbetriebe. Durch die Ausweisung neuer Baugebiete nordwestlich des Dorfkerns hat ein Wandel zu einem beliebten Wohnort eingesetzt.
Durch die Maßnahmen der Dorferneuerung wurde das Ortsbild deutlich aufgewertet. Im Mittelpunkt stand die Stärkung des Ortskerns rund um den Dorfanger. Die Straßen wurden harmonisch gestaltet und alleeartig bepflanzt, Parkplätze wurden neu organisiert und eingegrünt. Durch die Verlegung des Sportplatzes konnte dieser attraktiver gestaltet und auf dem ehemaligen Sportplatzgelände konnte ein Baugebiet für den stetig wachsenden Ort ausgewiesen werden. Die Dorferneuerung hat bei den Einwohnern eine große Akzeptanz gefunden. Viele private Maßnahmen folgten den von öffentlicher Hand durchgeführten Projekten.
Zu einem lebendigen Dorf gehört auch ein aktives Vereinsleben. Mit dem FC Fullen wurde der erste Sportverein in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gegründet. Neben finanziellen Problemen war vor allem der Zweite Weltkrieg für die zwischenzeitliche Auflösung des Vereins verantwortlich. 1971 schloss sich der FC Fullen mit den Sportvereinen der Nachbardörfer zum VfL Emslage zusammen. Der Verein zählt rund 1250 Mitglieder, das Sportangebot reicht vom Fußball über Handball, Tennis, Tischtennis, Leichtathletik, Volleyball, Gymnastik und Turnen bis zum Sportkegeln. An der Heidkampstraße ist in den vergangenen Jahren ein Sportzentrum mit Fußball- und Tennisplätzen, einem Schießstand und Clubhaus entstanden. Wichtig für die Dorfgemeinschaft ist auch der Schützenverein, der aus dem 1921 gegründeten Krieger- und Jugendverein hervorging und nach dem letzten Krieg ebenfalls neu gegründet werden musste. Seit 1921 gab es auch eine freiwillige Feuerwehr, die bis 1947 für den Schutz vor Bränden in der Gemeinde verantwortlich war. Diese Aufgabe übernahm anschließend zunächst die Schöningsdorfer Wehr und später die Freiwillige Feuerwehr Meppen.
Ein dunkles Kapitel der Geschichte ist das sogenannte Lager Fullen, das 1938 von der nationalsozialistischen Justiz als Strafgefangenenlager für 1000 Gefangene eingerichtet wurde. Es gehörte zu den insgesamt neun Lagern im Emsland, deren Häftlinge die linksemsischen Moorgebiete kultivieren sollten. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden hier Kriegsgefangene interniert, zeitweise bis zu 1700 Personen. Diese mussten bei schlechtester Ernährung und unzureichender medizinischer Versorgung im Moor sowie in landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben schwerste Arbeiten verrichten. Mehrere hundert Gefangene starben. Einige von ihnen sind auf dem Friedhof, der heutigen Kriegsgräberstätte, an der Süd-Nord-Straße beerdigt.
Groß Fullen in Kürze: | |
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Fläche: | 17,34 km² |
Einwohner am 31.12.2022: | 1.212 |
Ortsvorsteher: | Reiner Fübbeker |